Aussicht, von der Fähre auf die Insel.

Kaiserreich und Weimarer Republik

Im Jahr 1884 erwirbt der Botaniker Carl August Bolle die Insel Scharfenberg und errichtet ein Landhaus (das „Bollehaus“). Die Erben Bolles verkaufen die Insel Scharfenberg sowie die benachbarte Insel Baumwerder 1909 an die Stadt Berlin, die städtischen Wasserwerke nutzen danach die Inseln.

Auf Initiative Wilhelm Blumes, der Studienrat am Humboldt-Gymnasium im Berliner Wedding war, werden 1921 die „Untersekundaner“ des Gymnasiums über den Sommer auf der Insel unterrichtet, Blume setzt sich dabei mit Unterstützung der USPD-Stadträtin Klara Weyl gegen eine Direktion der Wasserwerke durch.

1922 spricht sich das Humboldt-Gymnasium gegen eine Wiederholung der „Sommerschule“ aus und Blume gründet mit finanzieller Unterstützung des Versuchsschul- ausschusses eine „Privatschule des Magistrats Berlin“.

Im Jahr 1923 wird der landwirtschaftliche Betrieb auf der Insel unter dem ehemaligen Blume-Schüler und Landwirt Paul Glasenapp mit Schülern als Helfer aufgenommen. Der Schule stehen ab November 1923 93 Morgen (ca. 23 Hektar) Land mit Ställen zur Verfügung, als der letzte Pächter der Wasserwerke die Insel verlässt. Eine Aufbauklasse aus Volksschülern wird gegründet und die ersten Schüler erhalten ihr Abitur, noch in Externenprüfung, jedoch vor dem eigenen Kollegium.

Im folgenden Jahr wird ein Teil der Scheune zu einem Speisesaal ausgebaut und auf dem Scheunenboden ein Schlafsaal eingerichtet. 1927 werden ein Fährhaus und das „Blumehaus“ errichtet, in dem sich heute ein Unterrichtsraum für Musik mit zwei Übungsräumen, ein Zeichensaal, ein Fotolabor sowie verschiedene Werkstätten für Drucktechniken und Keramik befindet.

Im Jahre 1929 wird die Schule in eine städtische Schule mit eigenem Etat übergeleitet, 1930 erfolgt die Anerkennung als „staatliche Seminaranstalt zur Ausbildung von Studienreferendaren“.

Da die Schule sich zum Teil mit der Gemeinschaftsarbeit der Schüler selbst versorgte, konnte das Schulgeld relativ gering angesetzt werden. So kam es, dass der Anteil von Schülern aus dem Arbeitermilieu relativ hoch war. Der hohe Stellenwert der Gemeinschaftsarbeit lässt sich auch daran erkennen, dass Arbeitseinsätze (auch unangenehme Arbeiten) niemals als Strafe vergeben wurden, Strafe war immer Ausschluss von der Arbeit.

Besonders wichtig aber war es, dass die Scharfenberger Schüler in der Schulkonferenz selbst darüber abstimmten, ob neue Schüler bleiben durften oder zu gehen hatten. Damit fühlten sich die Schüler besonders stark für die Weiterentwicklung der Schule verantwortlich.

Drittes Reich

In den Jahren 1932/33 wird die alte Hühnerfarm auf der Insel zum Treffpunkt einer kommunistischen Gruppe um den späteren Widerstandskämpfer und ehemaligen Scharfenberg-Schüler Hans Coppi. Coppi wird 1942 als Mitglied der Roten Kapelle von den nationalsozialistischen Machthabern in Plötzensee ermordet. Seit 1986 erinnert eine Gedenktafel auf der Insel Scharfenberg an Hans Coppi und Hanno Günther, der von 1934 bis 1935 die Schule besuchte und 1942 ebenfalls als Widerstandskämpfer in Plötzensee ermordet wurde.

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten übernimmt der bereits 1933 als Internatsleiter eingesetzte Studienrat Felix Scholz, ein aktives Mitglied der NSDAP, die Schulfarm. Schüler, „deren Haltung in nationalpolitischen Fragen ein Verbleiben auf der Insel nicht zulässt“, werden systematisch verdrängt, Wilhelm Blume, der inzwischen Schulleiter der Humboldt-Schule in Berlin-Tegel war, ermöglicht diesen jedoch Schulbesuch und Abitur an der Humboldt-Schule.
Ein neues Schulhaus, eine Turnhalle, und Lehrerwohnhäuser entstehen.

1936, nach zwei Jahren im Amt, stellt der Schulleiter Scholz in einem Bericht fest, daß die „Umwandlung der Städtischen Schulfarm Insel Scharfenberg in eine Pflanzstätte nationalsozialistischer Erziehung“ abgeschlossen sei. Zu Ostern 1938 erscheint die kritische Abiturzeitung „Der Kaktus“ als einziges von den Schülern ohne Kontrolle der Lehrer oder der Schulleitung herausgegebenes Dokument während der NS-Zeit.

Zwischen November 1940 und Mai 1945 werden die Schüler von Scharfenberg im Rahmen der Kinderlandverschickung in verschiedene ländliche Orte verlegt:  zunächst nach Brückenberg im Riesengebirge, darauf nach Schüttenhofen im damaligen Protektorat Böhmen und Mähren, daran anschließend  nach Wiek auf Rügen und nach  Fischerkaten in Pommern. Die letzte Station war für die Scharfenberger bis zum Kriegsende Wichmannsdorf in Mecklenburg.

Nachkriegszeit

Bereits am 12. Mai 1945 erhält Wilhelm Blume von der Reinickendorfer Bezirksverwaltung den Auftrag zur Wiedereinrichtung der Schulfarm, der Schulbetrieb wird am 19. September des selben Jahres mit 70 Jungen und drei Lehrkräften wieder aufgenommen. Blume ist dabei gleichzeitig Direktor der Humboldt-Schule und der Schulfarm.

Zum Schuljahresbeginn Ostern 1946 kommen erstmals 25 Mädchen nach Scharfenberg, 1947 erhöht sich die Zahl nochmals auf 31.

Am 21. November 1946 wird die Pädagogische Hochschule in Berlin gegründet, Wilhelm Blume wechselt als Gründungsrektor dort hin. Nachfolger Blumes an der Schulfarm und an der Humboldt-Schule wird Wilhelm Richter. 1951 findet das erste Abitur nach dem Krieg statt. In den 1950er und 60er Jahren werden die Schulgebäude ausgebaut, so wird das Schulhaus 1954/55 aufgestockt und vergrößert, 1956/57 werden sieben Schülerhäuser gebaut und 1958 das alte Bollehaus gesprengt. 1961 wird das neue Zentralgebäude fertiggestellt und eingeweiht. 1964 wird die alte Seilzugfähre durch eine Motorfähre ersetzt.